Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

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Andreas Borutta
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Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Andreas Borutta »


Hallo,

mich interessieren Erfahrungsberichte zu einem Vergleich einer Oberflächenbehandlung mit Tungöl versus Leinöl(firnis).
Selber besitze ich mit Tungöl noch keine Erfahrung.

Spannend finde ich alle nützlichen Details.

Die folgenden Fragen sollen nur meine Neugier ausdrücken. Keineswegs hoffe ich auf eine Beantwortung aller Fragen :)

Hat wirklich schonmal jemand eine Hautreizung durch Tungöl erlitten?

Nach welcher Zeit wischt ihr den Überstand spätestens ab?

Tönt Tungöl anders als Leinöl?

Ist ein Zusatz eines Katalysators (Trockenstoff) für die Beschleunigung der Polymerisation anzuraten oder kann man das Tungöl wirklich pur verwenden?

Reagieren mit Tungöl behandelte Oberflächen, die direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, anders als solche, die mit Leinöl behandelt wurden?

Lohnt sich Eurer Erfahrung nach ein Verdünnen des Tungöl mit Lösemittel? Wenn ja, welche konkreten Vorteile seht ihr darin?

Wie verhält sich eine mit Tungöl behandelte Esstischoberfläche bei typischen Belastungen wie Rotwein, Wasser, Fruchtsäure, ... im Vergleich zu einer Oberfläche, die die gleiche Anzahl an Ölungen mit Leinöl erhielt?

Lässt sich eine mit Tungöl behandelte Fläche genauso gut nachbehandeln wie eine mit Leinöl behandelte Fläche?

Sind Euch wissenschaftliche, vergleichende Studien von natürlichen Oberflächenbehandlungsmethoden für Möbel bekannt?

Ist euch bekannt, ob aus toxikologischer Sicht etwas gegen die Behandlung von Schneidebrettern mit reinem Tungöl spricht?

...

Schöne Grüße, Andreas


reinhold
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von reinhold »


hallo,
Tungöl wird m.E. wie ein Modeartikel etwas überbewertet.

Eine gute Zusammenstellung seiner Eigenschaften findet man hier . http://www.kremer-pigmente.de/73900.htm

Ich persönlich nehme lieber Leinöl, Leinölfirnis oder Leinölhalböl.
Die Behandlung von Schneidebrettern mit Ölen, egal welcher Art, halte ich für, sagen wir mal, etwas übertrieben; rohes Holz, das nach Gebrauch heiss abgewaschen wird, ist für diesem Zweck am besten geeignet.

mit freundlichem Gruss
reinhold


Andreas Borutta
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Andreas Borutta »


Danke, Reinhold für den Link zu dem interessanten Text.
Vor allem die Herkunft ist jetzt klar.

Die Beschreibung der Giftwirkung auf der Haut klingt ja wirklich gruselig: Schwer heilende eiternde Wunden!
Ich kann es kaum glauben.

Zu den spezifischen Eigenschaften von Tungöl als Behandlungsmittel für Holzmöbeloberflächen wird leider in dem Text nichts geschrieben.

Aus welchen persönlichen Gründen ziehst Du das Leinöl dem Tungöl vor?

Gruß, Andreas



Michael Formanek
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Andreas,

ich kann zwar nicht aus Erfahrung sprechen, habe aber auf der Uni von Restauratoren gehört, dass Tungöl schneller vergilben soll als Leinöl.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass es auf Grund des Glycerins der a-Elaeostearinsäure (die wie im Text steht 3fach ungesättigt ist) stärker vernetzt und somit fester aber womöglich auch spröder als Leinöl ist.

Sind zwar nur Vermutungen, wäre aber mal eine Recherche wert. Vielleicht kann man auch direkt bei Kremer einiges in Erfahrung bringen.

Gruß Michael


Michael Formanek
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo nochmal!

Hab gerade einen Link gefudnen, der sich ziehmlich gut mit meinen Vermutungen deckt.

http://www.feilkloben.de/Oberflaechenbehandlung.htm

Gruß Michael



reinhold
Beiträge: 1793
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #19443]
hallo Andreas,
warum ich Leinöl vorziehe ?

Erstens ist es nicht giftig - manche Leute machen damit sogar ihren Salat an. Wenn etwas auf die Haut kommt, kann man es einfach abwischen.
Selbst Leinölfirnis, den man NICHT essen kann, ist heute nicht mehr gesundheitsschädlich, seit die Schwermetalltrockenstoffe nicht mehr verwendet werden.
Zweitens riecht es angenehm. Selbst als Halböl mit Balsamterpentin gemischt, macht der Duft fast süchtig - nach frisch gesägten Kiefern.
Drittens ist es als Halböl leicht zu verarbeiten. Auftragen, antrocknen lassen, abwischen, dreimal im Abstand von einem Tag wiederholen, fertig.
Viertens feuert es gut an . Okay - manchmal nehme ich Danish Oil, das nicht so scharf anfeuert.
Fünftens schützt es das Holz sehr gut - mein Küchentisch und die Arbeistplatten sind aus Buche. Sie erhalten einmal im Jahr eine Abreibung mit Halböl und werden ansonsten nur feucht gewischt. Rotweinflecke sind ein oder zwei Tage zu sehen, dann sind sie weg. Einen schlimmer Kratzer konnte ich mit der Ziehklinge entfernen und brauchte dann nur neu drüber zu ölen.
Sechstens ist es preiswert (ich bin Schwabe und das sind bekanntlich Schotten, die wegen zu grossem Geiz aus dem Land gejagt wurden).

Braucht's noch mehr Gründe?

Gruss
reinhold


Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

Re: Tungöl

Beitrag von Urs »


Hallo an alle

Dass Tungöl derart hässlich die Haut angreifen soll, wie im Text von Kremer Pigmente beschrieben, hat mich doch einigermassen erstaunt. Ich behandle u.a. unseren Kirschbaum-Esstisch mit diesem Öl (als Wiederauffrischung, nachdem die Öl-Wachs-Mischung, die uns der Schreiner damals mitgegeben hatte, aufgebraucht war). Beim erstenmal hatte ich Bedenken, dass der "strenge" Geruch das Missfallen der Familie erregen würde - zum Glück Fehlanzeige. Ich verwende das Lignea von Dick, gemischt mit Balsamterpentin und einem Schuss Orangenöl. Ich reibe es kräftig ein mit einem Tuch, so dass die Haut unter Belastung längere Zeit in Kontakt mit Öl steht. Der Text von Dick erwähnt zwar,dass in Einzelfällen Reizungen auftreten können - ich habe aber nichts gespürt. Als Vorteil von Tungöl gegenüber Leinöl(firnis) empfinde ich nach wie vor, dass beim Holzöl wirlich kein Gelbstich auftritt. Einen weiteren Vorteil habe ich heute bemerkt: Ich habe mit der Zeitung etwas Schnee mit auf den Frühstückstisch verschleppt. Den Tropfen, der sich in Folge bildete, hielt ich für Gelee, da er sich mit Finger verschieben liess, ohne dass er zerflossen wäre. So stark war die Wasser abstossende Wirkung des Ölauftrages (hält deutlich länger an als bei der früheren Öl-Wachs-Mischung).

Hinsichtlich der Giftigkeit verlasse ich mich auf die Deklaration, dass das getrocknete Öl unbedenklich sei.

Gruss

Urs



Andreas Borutta
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Andreas Borutta »


Danke für die Nennung Deiner Gründe.

Erlaube mir bitte eine Rückfrage zu Deiner Aussage, dass sich Leinöl besser verarbeiten lässt als Tungöl:
Woran machst Du dies fest?

Riecht Tungöl eigentlich wirklich eklig nach Schweinefett?

Gruß, Andreas


reinhold
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von reinhold »


hallo Andreas,
leichter verarbeiten ist vielleicht der falsche Ausdruck. Bequemer verarbeiten dürfte richtiger sein.
Ich muss nicht aufpassen, dass ich nichts auf die Haut bringe. Ich kann Leinöl im Bioladen oder im Baumarkt kaufen, während ich Tungöl im Versandhandel erwerben muss.
Es sind viele Kleinigkeiten, die in der Summe dazu führen, dass ich Leinöl bevorzuge.

Übrigens: eines haben Leinöl und Tungöl gemeinsam : die Lappen können sich entzünden.

Gruss
reinhold


Andreas Borutta
Beiträge: 8
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Re: Vergleich v. Tungöl m. anderen natürl. Mitteln

Beitrag von Andreas Borutta »


Danke für die Klarstellung.

Vielleicht sollte man mal beim Umweltbundesamt oder Bundesgesundheitsamt anfragen, ob denen belastbare Quellen bekannt sind, wo Hautreizungen dokumentiert sind.

Denn, wenn sich das als Legende herausstellt, scheint Tungöl ja doch einige interessante Vorteile gegenüber Leinöl zu besitzen.

Gruß, Andreas


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